Die ersten drei Wochen verbrachte ich in einer Ankunftsfamilie in Asunción. Die Familie besteht aus zwei Gasteltern, zwei älteren Gastbrüdern und einer jüngeren Gastschwester, mit der ich ein Zimmer geteilt habe. Im Vergleich zu den anderen Gastfamilien wohnte ich relativ zentral, d.h. noch im offiziellen Bereich Asuncións und nicht in einem der Orte um Asunción herum, die aber direkt in die Stadt übergehen.

Das führt mich auch direkt zu einer meiner ersten Erkenntnisse hier vor Ort. Asunción ist deutlich größer, als ich erwartet hätte. Bei offiziell 500.000 Einwohnern dachte ich an Städte wie Hannover oder Dresden. Tatsächlich hat das gesamte Großstadtgebiet mit den umliegenden Gemeinden über zwei Millionen Einwohner, was mit meiner wahrgenommenen Größe der Stadt übereinstimmt. Außerdem ist die Stadt völlig anders aufgebaut als die europäischen Städte, die ich kenne. Das Zentrum von Asunción liegt am Río Paraguay, also eigentlich am westlichsten Teil der Stadt. Von da aus breitet sich die Metropolregion nach Norden, Süden und Osten aus, nicht aber nach Westen über den Fluss hinweg, dort liegt auch schon die Grenze zu Argentinien, bzw. zum Chaco Paraguayo. Zudem werden Distanzen hier gerne in Blöcken angegeben, z.B. das Shoppingcenter ist vier Blöcke entfernt und die Bushaltestelle zwei Blöcke (wenn man Glück hat). Genauso sieht die Stadt auch aus, die Straßen verlaufen entweder parallel oder orthogonal zueinander und formen eben diese Blöcke.

Das favorisierte Fortbewegungsmittel meiner Ankunftsfamilie ist definitiv das Auto, so leider auch bei vielen anderen Bewohnern Asuncións, weswegen ich schon häufig im Stop and Go durch die Stadt getuckert bin. Ich wurde netterweise jeden Tag von meiner Gastfamilie zum YfU-Office gebracht und auch wieder abgeholt. Dort haben wir dann Vormittags an einem Sprachkurs teilgenommen und nachmittags eines der Freiwilligendienst-Projekte besucht. Für den Weg von YfU zu den jeweiligen Projekten nutzten wir den Bus.

Busfahren in Paraguay ist ein Kulturschock ganz für sich und wird von meiner Gastmutter auch gerne als Extremsport bezeichnet. Es gibt ausgeschilderte Bushaltestellen, aber nicht immer. Häufig steht man einfach am Straßenrand und hofft, dass der Busfahrer dein Handzeichen erkennt und anhält. Beim Einsteigen hält man eine Chip-Karte vor ein Kartenlesegerät und der Ticketpreis wird abgebucht. Auf diese Karte muss man zuvor Guthaben geladen haben. Die Tickets kosten mehr, wenn der Bus klimatisiert ist, insgesamt aber nicht mehr als 50 Cent pro Fahrt, dabei ist die Länge der Fahrt egal. In manchen Bussen kann man gar nicht mehr mit Bargeld zahlen, dafür gibt es andere die kein Kartenlesegerät besitzen, man also nur mit Bargeld zahlen kann. Beim Aussteigen gilt ähnliches wie beim Einsteigen – hoffen, dass der Bus anhält. Es gibt oft Stopp-Knöpfe, teilweise aber auch nur eine Schur an der man ziehen muss, um dem Busfahrer zu signalisieren, dass man aussteigen möchte. Allgemein kann man sagen, das die Busse nicht lange anhalten, rein- und rausspringen ist also angebracht.

Wenn es dunkel wird oder die Verbindung zu kompliziert, wird der Bus vom Uber abgelöst. Für die älteren Leser:innen, Uber ist eine App auf der man quasi private Taxis buchen kann. Man zahlt nur für die Fahrt an sich, d.h. je mehr Menschen mitfahren, desto günstiger. Je nach Länge der Fahrt, zahlt man ein paar Euro. Es gibt im Stadtzentrum sogar ein paar Fahrradwege, aber da Autos in Asunción eigentlich immer automatisch Vorfahrt haben, ist Fahrradfahren, sowie zu Fuß gehen eher unattraktiv bis gefährlich.

Das Highlight des Tages stellte immer das Mittagessen dar, welches wir in einem Restaurant in der Nähe vom YfU-Office bekamen. Das Essen war mega lecker und teilweise gar nicht so weit von traditionell deutschem Essen entfernt. So gab es zum Beispiel schon Geschnetzeltes oder auch Schnitzel. Zusätzlich habe ich auch ein paar neue Speisen probiert, unter anderem Empanadas, Mbejú, Chipa So’o, Lomito, Asado oder Marinera de Carne. Ich glaube ich mache bald einen Beitrag, wo ich noch genauer auf das Essen hier eingehe, allgemein kann man aber sagen: ¡Muy, muy rico!

Unter der Woche konnte ich außerdem nachmittags die Projekte der anderen Freiwilligen kennenzulernen. Bis auf die zwei Naturschutzprojekte arbeiten alle Freiwilligen in Asunción. Es gibt mehrere Projekte mit Kindern, außerdem Häuserbau, Lebensmittelspenden und eine Freiwillige bei YfU selbst. Ich finde es unfassbar inspirierend, welche Projekte die Menschen auf die Beine gestellt haben und mit wie viel Leidenschaft sie dabei sind, obwohl sie vom Staat nur wenig unterstützt werden.

Meine Ankunftsfamilie hat mich total herzlich willkommen geheißen. Ich konnte an vielen ihrer Aktivitäten mit teilnehmen, so war ich schon bei einer Tanzstunde mit meiner Gastmutter, bei der Arbeit von meinem Gastbruder in einem absolut verrückten mexikanischen Restaurant, bei dem 141-jährigen Jubiläum der Schule meiner Gastschwester, bei einem Gottesdienst der Schoenstattbewegung, bei einem Tanzwettbewerb und in Aregua bei ihrem Landhaus.

Den Rest des Jahres werde ich in meiner permanenten Gastfamilie und in den Reservaten meines Projekts verbringen. In den nächsten drei Wochen bleibe ich noch in Asunción und werde hier im Büro von Guyra Paraguay arbeiten.

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