Sobald man in Paraguay ankommt, kann man überall Mangobäume sehen, die in Gärten, Parks und vor allem einfach am Straßenrand stehen. Bei meiner Ankunft im August waren die Früchte noch nicht reif. Doch als ich nun aus dem Reservat zurückkehrte war sie endlich da – die Mangozeit.

Meine Mitfreiwillige bei Guyra läuft jeden Morgen ungefähr eine halbe Stunde durch den botanischen Garten zum Büro und sammelt dabei reichlich Mangos. Sie hat bis jetzt drei Sorten mitgebracht: Die normale Mango, die gelb, sehr lecker, aber leider etwas faserig ist, die Mango Rosado, die etwas kleiner und nicht ganz so aromatisch ist, aber dafür keine Fasern hat und die Königin der hiesigen Mangos – die Mango Brasileiro, welche größer, leckerer und faserfrei ist. Interessanterweise essen, beziehungsweise mögen viele Paraguayos gar keine Mangos. Vielleicht liegt es daran, dass sie hier eben nicht so besonders sind. Einen Apfelbaum im Garten stehen zu haben, ist dafür vollkommen unvorstellbar, diese müssen aus Argentinien importiert werden. Abgesehen davon hat Paraguay an Früchten natürlich einiges zu bieten: süße Mandarinen und Orangen, aus denen unvergleichlicher Orangensaft hergestellt wird, Mamón (Papaya) und Mburucuyá (Maracuja), kleine Acerola-Kirschen, die mich an Bonbons oder Gummibärchen erinnern und noch vieles mehr.

Vor meiner Einreise nach Paraguay wusste ich noch gar nicht, was mich hier an Essen erwarten würde. Ich wurde durch viele Horrorstories aus fernen Ländern mit fremdem Essen vorgewarnt, die sich zum Glück nicht so bewahrheitet haben. Dadurch dass ich per se keine Esseneinschränkungen habe, hatte ich eigentlich nur Sorge, dass Essen könnte zu scharf sein. Das ist in Paraguay allerdings nicht der Fall. Ein Vorurteil, welches definitiv stimmt, ist, dass viel Fleisch gegessen wird und meine vegetarischen Freunde es nicht immer leicht haben, ihre Ernährungsweise hier weiter umzusetzen. Der Höhepunkt des Fleischkonsums findet meist Sonntags beim Asado statt, bei dem sich die ganze Familie trifft und gemeinsam grillt. Zum Fleisch und den Würstchen vom Grill gibt es in meiner Gastfamilie Mandioca (Maniok), Salat und Sopa Paraguaya beziehungsweise Chipa Guazú.

Um die letzten beiden Beilagen zu unterscheiden, muss man jetzt technisch werden. Beide sind sehr ähnlich, eine Art Mais-Käse-Auflauf, wobei die Sopa mit „harina de maíz“ (Maismehl) und Chipa Guazú mit „choclo“ also richtigen Maiskörnern hergestellt wird. Sopa bedeutet eigentlich Suppe auf Spanisch und der Legende nach, soll die Sopa Paraguaya aus einer versehentlich hart gewordenen Suppe entstanden sein. Für tatsächlich flüssige Suppe wird hier das Wort „caldo“ verwendet. Chipa Guazú sollte wiederum nicht mit normaler Chipa – dem „Brot“ Paraguays – verwechselt werden. Chipa ist meist donutförmig, aus Maniokmehl und gewürzt mit Anis. Es gibt viele Varianten von Chipa, wie zum Beispiel Chipa So’o mit Fleisch oder kleine Chipitas.

Insgesamt schmeckt mir das Essen in Paraguay sehr gut. Zum Beispiel die leckeren Schnitzel, die die Paraguayos vielleicht sogar besser draufhaben als die Deutschen. Milanesa gehört hier schon fast zu den Grundnahrungsmitteln, sodass ich es teilweise schon mehrmals am Tag gegessen habe. Andere Gerichte sind allerdings deutlich ungewohnter. Letztens habe ich unwissentlich Rinderzunge gegessen und als ich meine Gastmutter darauf ansprach, erzählte sie mir von allen möglichen Gerichten in welchen dafür gesorgt wird, dass die ganze Kuh verwertet wird. Letzte Woche habe ich dann wiederum unwissend Milanesa de Mondongo gegessen, bei dem ich mir immer noch nicht ganz sicher bin, was das genau ist.

Sandwich de Milanesa

Am Tag bevor der Lebensmittellieferant kam gab es im Reservat häufig Tortillas, denn wenn sonst nichts mehr zu essen übrig war, gab es immer noch Mehl und Öl für die Tortillas. Übrigens hat Tortilla in Paraguay herzlich wenig mit spanischer Tortilla zu tun, sondern es handelt sich eher um frittierten Teig, welcher als Beilage gegessen wird. An kalten Tagen im Reservat gab es Mbejú, was ich aber auch schon aus meinen ersten Wochen in Asunción kannte. Mbejú ist ein käsiger Pfannkuchen aus Maniokmehl und Butter. Bei der Abschlussfeier unseres Sprachkurses bei YfU konnten wir in traditioneller Weise Mbejú über dem offenen Feuer zubereiten.

Mit der dafür genutzten Kohle wurde uns dann auch gezeigt, wie Cocido Quemado gemacht wird. Dabei wird die Kohle auf Yerba Mate und Zucker platziert,um den Zucker ein wenig zu karamellisieren, die Mate anzurösten und dem letztendlich daraus entstehenden Tee eine rauchige Note zu verleihen. Neben dieser traditionellen Herstellung wird in meiner Gastfamilie gerne ’normaler‘ Cocido con Leche ohne Kohle zum Frühstück getrunken.

Yerba Mate ist als einheimische Pflanze hier in Paraguay sehr wichtig. Guyra und andere Naturschutzorganisationen unterstützen den Anbau und Verkauf von Yerba Mate, da dieser im Einklang mit der Natur stattfinden und gleichzeitig ein Einkommen für die Bevölkerung rund um die Reservate erzeugen kann. Neben Cocido und der euch vielleicht schon bekannten Mate caliente, die insbesondere in Argentinien und Uruguay getrunken wird, ist das wichtigste Mate-Getränk Paraguays Tereré. Überall sieht man Menschen mit ihren Thermos gefüllt mit Wasser und Eis, Guampas und Bombillas. Tereré trinkt man nämlich erfrischend kalt und häufig mit weiteren Kräutern um Geschmack und Wirkung zu verfeinern. Im Reservat habe ich fast täglich mit den Parkrangern Tereré getrunken.

Das kulinarische Highlight für meine Freiwilligengruppe hier ist allerdings etwas, das gar nicht ursprünglich aus Paraguay sondern aus Brasilien kommt. Dort im Amazonas wächst die Açai-Beere, die einigen vielleicht schon aus Smoothies oder als Superfood bekannt ist. Wir geniessen allerdings eine weniger gesunde Variante, nämlich eine Art Açai-Eis mit Toppings wie Milchpulver, Banane, Kondensmilch und Granola – perfekt an der Grenze zu süß zu sein. Sich „auf ein Açai zu treffen“ ist eine kleine Tradition zwischen uns Freiwilligen geworden und findet so häufig statt wie es Zeit, Energie und Geldbeutel zulassen.

Ansonsten kann ich euch stolz mitteilen, dass wir die Bibliotheksaufgabe nun beendet haben. Wir haben alle 1666 Bücher in eine Tabelle eingetragen, einen neuen Code entwickelt, die Bücher nach diesem sortiert und schließlich alle Bücher mit Labels des neuen Codes versehen. Außerdem wurden ungefähr 250 Duplikate aussortiert und werden jetzt gespendet. Zur Einweihung der Bibliothek gab es eine kleine Feier mit Asado im Büro. Meine Mitfreiwillige und ich haben dafür etwas improvisierte Vanillekipferl mit selbstgemahlenen Mandeln gebacken und Spekulatius mitgebracht. Dafür waren im Supermarkt Casa Rica, welcher viele Produkte aus Deutschland verkauft, aber sehr teuer ist. Außerdem haben wir eine kleine Präsentation über das System der Bibliothek gehalten, damit die aktuelle Ordnung aufrecht erhalten wird. Das Ergebnis von ungefähr zweieinhalb Monaten unserer Arbeit könnt ihr hier begutachten.

Ode an ein Ding

Auf ZeitOnline gibt es eine Serie namens „Ode an ein Ding“ in der jede Woche im Rahmen der ZeitAmWochende in ihren eigenen Worten „völlig subjektiv ein Produkt gefeiert wird“. Ich möchte diese Kategorie in meinen Blog einbauen und in jedem Beitrag von einem meiner Essentials in diesem Freiwilligendienst schwärmen. Als ich zum ersten Mal in Cañada el Carmen war, wäre dies zum Beispiel mein E-Reader gewesen, der sich durch seine Größe und seine noch erstaunliche Akkulaufzeit als extrem praktisch erwiesen hat und mir bei Stromausfall und schlechtem Netz jegliche Langeweile vertrieben hat.

Dieses Mal und auch stellvertretend für die letzten Monate gilt die Ode meinem wahrscheinlich treuesten Begleiter, meiner Eastpak-Bauchtasche, die ich quasi immer benutze wenn ich das Haus verlasse. Sie ist klein und unauffällig genug, trotzdem findet irgendwie immer alles seinen Platz. Als ich mich einmal spontan umgezogen habe, passte sogar ein langärmeliges Oberteil, gemeinsam mit den sonstigen Notwendigkeiten – Handy, Schlüssel, Geld – hinein. Meine Bauchtasche erlebt wirklich alles mit, jeden Arbeitstag, kleine Abstecher zum Supermarkt, lange Nächte im Club und natürlich Busfahrten in jeglicher Länge.Sie wurde vor anderthalb Jahren gekauft und abgesehen davon, dass ich sie vielleicht mal waschen sollte, ist sie so gut wie neu. Vorne hat sie eine große Tasche für alles Mögliche, die man mit zwei Schiebern öffnen kann und hinten eine schmale, in der ich meistens mein Handy aufbewahre. Den Gurt kann man natürlich verstellen und außerdem schnell mit einer Steckschnalle öffnen und schliessen. Hier nennt man Bauchtaschen übrigens Riñonera von riñón für Niere.

Juli 2022 – Damals war die weiße Schrift noch etwas klarer.

Mittlerweile ist der Sommer und die Regenzeit eingebrochen. 40 Grad in schlecht isolierten Häusern und tropische Regenfälle in einer Stadt, deren Kanalisation nicht dafür ausgelegt ist, sind zwar gewöhnungsbedürftig, gleichzeitig bin ich jeden Tag neu begeistert, wie grün und saftig Asunción aufgeblüht ist. Die nächsten Wochen soll ich den Parkrangern in Cañada el Carmen über die Feiertage Gesellschaft leisten und freue mich auch den Chaco diesmal etwas grüner kennenzulernen.

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1 Kommentar

  1. […] Garten, den Lago Ypacarí bei Aregua, den Mercado Cuatro und mussten natürlich gleichzeitig das kulinarische Angebot im Schnelldurchlauf testen: Açai, Asado, Lomito Arabé, Empanadas, Chipa, Cocido, Tereré, sowie […]

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